Zufriedenheit ade?

Wir steuern grade auf eine kritische Situation zu: Depressionen entwickeln sich so drastisch, dass sie schon jetzt die höchsten Kosten von allen Krankheiten verursachen – Zufriedenheit ist Mangelware. Fakt ist: Menschen, die an Depressionen erkranken, waren vorher schon einige Zeit unzufrieden. Sie begannen, an körperlichen Manifestationen der Unzufriedenheit zu leiden: Schliefen schlecht, bekamen ständig Bauchweh, Kopfschmerzen nahmen zu, Rückenleiden etablierten sich, Freizeitgestaltung machte kaum noch Spaß und nahm daher ab, usw.

Du erkennst dich in der Beschreibung wieder? Lies bitte weiter.

Alle haben eins gemeinsam: Mit Unzufriedenheit begann es. Also ist eine Strategie gegen Depressionen: Mehr Zufriedenheit!

Für Ungeduldige: Der konkrete Teil kommt nach dem zweiten Bild 🙂

Zufriedenheit bringt Morphium ins Blut und das ist, chemisch hergestellt, streng verschreibungspflichtig, weil es eine starke Suchtgefahr birgt. (Mehr darüber erfährst du in meinem Blogartikel: Glück und Zufriedenheit: Wo liegt der Unterschied und was ist wichtiger für meine Gesundheit?) Wie also komme ich nun völlig kostenlos an die Droge?! Was macht mich zufrieden?

Zufriedenheit ist teils genetisch bestimmt und teils durch unsere Umwelt geprägt. Dazu gehören beispielsweise Bindungserfahrungen in der Kindheit. Die Zufriedenheit eines Menschen entwickelt und zeigt sich zwischen dem fünften und zehnten Lebensjahr und verändert sich kaum – wenn nicht an sich gearbeitet wird, um mehr Zufriedenheit zu erlangen.

Zufriedenheit entsteht, wenn drei große Bereiche ausgewogen gelebt werden: Gute Beziehungen, der Stresshaushalt und unsere angeborene Neugier.

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An erster Stelle stehen gute Beziehungen.

Dies können sowohl Freundschaften als auch Partnerschaften sein; selbst Haustiere können auf diesen Bereich einzahlen. Fakt ist: Ohne gute Beziehungen ist Zufriedenheit kaum erreichbar.

Doch wie komme ich an gute Beziehungen, vor allem in unserer heutigen, deutschen Gesellschaft?

Eine schwierige Frage angesichts der Tatsache, dass es um unser Beziehungsleben eher schlecht steht. Wir sind eine Single-Gesellschaft: Viele Beziehungen sind nicht so, wie sie sein sollten. Viele halten nicht lang und „allein geht es mir sowieso besser“.

Eine spannende Tatsache: die aktuellste OECD-Studie zur Zufriedenheit für Deutschland erkannte eine Besonderheit. Obwohl es uns im weltweiten Vergleich materiell überdurchschnittlich gut geht, liegt unsere subjektive Zufriedenheit unter dem Durchschnitt. Eine der Gründe dafür: Wir leben nicht mehr so, wie unsere Vorfahren und damit unsere Gene es taten und brauchen. Wir sind genetisch immer noch Primaten, die in bunten Familienverbänden zusammenleben. In diesen Verbänden hätten wir nicht nur unsere Eltern, sondern auch noch vielfältige andere Beziehungen zum Rest der Truppe – leider heutzutage keine normale Situation mehr. Heute ziehen wir Kinder alleinerziehend groß, kümmern uns lieber um unseren Job und die Karriere und schieben die älteren Semester der Familie gern ab. Das entspricht gar nicht unserer Natur und sorgt daher für eine latente Unzufriedenheit, da ein wichtiger Teil für uns nicht mehr existiert.

An zweiter Stelle steht ein ausgewogener Stresshaushalt.

Hier ist wichtig: Kein Stress ist auch keine Lösung. Ohne Phasen der Anspannung finden keine Phasen der Entspannung statt – und wenn alles immer gleich läuft, wird uns langweilig. Ähnlich wie am

Herzschlag-Messgerät: Ohne Auf und Ab’s gibt es nur noch eine grade Linie. Diese bedeutet selten etwa gutes…

Nur wie bekomme ich einen ausgewogenen Stresshaushalt?

Dafür gilt es erstmal, den unnötigen Stress zu identifizieren und zu eliminieren. Dieser entsteht durch ungelöste Konflikte, die sowohl bewusst als auch unbewusst sein können.

Der Vorgesetzte, der mir eine Aufgabe gibt, die ich nicht lösen kann oder will – ein bewusster Konflikt par excellence. Was tun? Schimpfen, ihn verfluchen, die Kollegen damit belagern? Oder aktiv etwas tun, um diesen Konflikt zu lösen?

Die Mama, die dich besucht und dir damit schon Tage vorher ein mulmiges Gefühl bereitet. Warum weißt du gar nicht genau. Ein unbewusster Konflikt: Möglicherweise gibt dir die Mama bei ihrem Besuch das Gefühl, eine schlechte Hausfrau zu sein oder generell im Leben zu versagen. Was also tun? Der erste Schritt liegt im Bewusst machen dessen, was dich belastet. Warum belastet es dich und wie wäre deine Wunschvorstellung, wenn die Mama zu Besuch kommt? Was muss geschehen, damit es dir dabei gut geht? Und wie kannst du es deiner Mama sagen?

Eine andere Entstehung von unnötigem Stress ist die Verdrängung belastender Erlebnisse. Diese können sowohl aus der Kindheit, als auch von neulich sein – die Gefühlsreaktion darauf ist so immens, dass sie aktuell nicht bearbeitet und gebraucht werden kann – also ab damit in den Verdrängungskeller. Dieser ist, wie fast alle Keller, feucht. Die Dinge, die wir dort ablagern, bleiben also nicht fein konserviert und ruhig – sie gären, entwickeln übelriechende Ausdünstungen und wollen an die Oberfläche. Dadurch werden sie zu dauerhaften Stressfaktoren.

Ein Beispiel: Klara F. war als Kind oft bei ihrem Onkel und ihrer Tante übers Wochenende. Der Onkel war ein sehr aggressiver Mensch: Nie gegen andere Menschen, aber Teller oder Tassen wurden häufiger neu gekauft. Klara konnte damals nicht gegenüber ihren Eltern äußern, wieviel Angst ihr diese Anfälle des Onkels machten. Sie verkroch sich währenddessen immer irgendwo – hinter der Couch, im Garten, im Gästezimmer.

Klara ist nun 26 Jahre alt und lebt seit einigen Monaten mit ihrem Freund zusammen. Dieser kommt eines Tages von der Arbeit nach Hause und ist sehr gereizt. Darüber hinaus sortiert und putzt Klara grade die Küchenschränke – alle Schüsseln, Schalen und Teller stehen in der Küche verstreut. Beim Versuch, sich ein Glas Wasser zu nehmen, wirft er aus Versehen etwas um – vor lauter Wut über den Tag und das Chaos in der Küche, nimmt er sein die Flasche Wasser (aus Plastik) und wirft sie zu Boden. Klara wird panisch, hält sich die Ohren zu und rennt aus der Wohnung.

Die damals verdrängte Angst vorm Onkel kommt mit voller Wucht zurück, als ihr Freund die Fassung verliert. Die Reaktion darauf ist die damals erlernte: Flucht.

Was tun gegen derartigen, unnötigen Stress?

Wieder kommt das Bewusstsein ans Tageslicht: Mache dir Bewusst und gestehe dir ein, dass da ein Thema im Verdrängungskeller lauert, was nach oben möchte. Nimm dir Zeit und lass es nach oben, schaue es dir in Ruhe an und überlege dir andere Lösungsstrategien. Hole dir Unterstützung im Freundeskreis und der Familie, wenn du allein nicht weiterkommst. Sollte das nicht ausreichen, hole dir professionelle Unterstützung – es lohnt sich!

Dann gilt es, für einen ausgewogenen Stresshaushalt, sich den guten Stress zu suchen: Welche Herausforderungen setzen dich zwar unter Strom, liefern dir aber Spaß und Freude? Versuche, soviel wie möglich davon zu bekommen!

Darüber hinaus suche dir den Stress, der dich einfach nur nervt und den du nicht magst oder genießen kannst. Frage dich, warum es so ist. Was muss geschehen, damit du auch diesen Stress genießen kannst? Mehr Anerkennung, weniger von diesem Stress oder eine andere Aufgabe? Versuche es zu lösen: Sprich mit anderen Menschen darüber, hol dir Unterstützung in den Aufgaben, versuche sie zur Not gegen andere zu tauschen oder ganz los zu werden.

An dritter Stelle steht unsere angeborene Neugier.

Wir wollen etwas bewirken und zwar eigenständig, wollen selbst etwas (er-)schaffen. Gut sieht man diese Neugier an einem Kleinkind: Dieses strahlt vor Glück, wenn es erstmals einige Schritte allein gelaufen ist. Dieser Bereich ist am ehesten auf unser Berufsleben übertragbar: Tun wir hier den ganzen lieben langen Tag nur, was uns gesagt wird, ohne selbst darüber nachdenken zu dürfen, sorgt dies für Unzufriedenheit. Wir brauchen eine Herausforderung, auf die wir Lust haben, die uns fordert und uns erfüllt. Dann ist unsere angeborene Neugier glücklich und macht uns zufrieden.

Viele Worte, doch zufriedener bist du noch nicht – richtig? Dann kommen hier deine konkreten Handlungsvorschläge:

  1. Mache dir deine Unzufriedenheit bewusst und entscheide, dass du etwas ändern willst!

  2. Lebe Beziehungen! Lebe, liebe, lache!

  3. Investiere in deine Beziehungen: Frage dich häufiger, was
    deinem Gegenüber jetzt gut tun würde und was dir jetzt gut tun würde. Äußere das!

  4. Identifiziere deine Konflikte – die bewussten und die unbewussten – und suche andere Lösungsstrategien! Probiere sie aus und lerne fürs Leben – nach dem Motto: Fehler an die Macht! Denn mit jedem Fehler hast du wieder etwas Neues erkannt.

  5. Räume deinen Verdrängungskeller auf! Hol dir Unterstützung von Familie und Freunden, wenn du dabei nicht allein sein willst. Reden hilft!

  6. Beobachte dich selbst in Stresssituationen und erkenne für dich: was tut mir gut und was tut mir nicht gut? Suche neue Möglichkeiten, an guten Stress zu gelangen und schlechten Stress zu verbannen!

  7. Entdecke deine Neugier! Wenn du im Job nicht viel selbst denken darfst, suche dir ein Hobby oder einen anderen Ausgleich! Vielleicht freut sich auch dein berufliches Umfeld, wenn du mal was Neues ausprobieren und ein unbekanntes Projekt übernimmst? Suche dir ein Betätigungsfeld, indem du selbst etwas schaffen und in dem du dich verwirklichen kannst!

Und wenn das alles nichts bringt?

Dann hol dir Unterstützung, bevor du auf sie angewiesen bist! Handle, bevor du nicht mehr handlungsfähig bist.

Sage dir immer wieder: Ist es nicht wunderbar, dass ich meine Zufriedenheit und meine Gesundheit selbst im Griff habe? Wenn es sich grade nicht so anfühlt: Sorge für dich selbst! Hol dir deine Droge – mach dich abhängig nach deiner eigenen Zufriedenheit!

Viel Spaß dabei 🙂

Anja bewegt.